Vorurteile?

Immer noch leiden Menschen mit psychischen Erkrankungen häufig nicht nur unter ihren Symptomen, sondern vor allem auch unter den Vorurteilen/Stigmata anderer. Dabei ist der Besuch beim Psychologen/Therapeuten/Berater genauso normal wie jener beim Zahnarzt.

Nachfolgend deshalb 7 Mythen über Psychotherapie u. Beratung, die einfach nicht stimmen.

#1 "Ich brauche keine Therapie oder Beratung. Ich habe doch meine Freunde und Familie zum Reden."

Familie und Freunde sind wichtige Sozialkontakte, die eine hilfreiche Stütze in schweren Lebensphasen oder Krisen sein können. Angehörige sind aber nicht dafür ausgebildet, Sie zu behandeln und werden dadurch (und auch aufgrund ihrer persönlichen Nähe) oft in eine stressreiche Lage gebracht. Ein(e) Psychotherapeut(in)/ein(e) Berater(in) ist genau darin geschult und kann zeitgleich eine objektive Sicht einnehmen.

#2 "Alle TherapeutInnen und BeraterInnen sind gleich."

PsychotherapeutInnen/BeraterInnen bringen aufgrund ihrer eigenen Persönlichkeit unterschiedliche Eigenschaften mit ein. Hinzu kommt die (therapeutische/beraterische) Ausbildung, die beeinflusst, wie methodisch vorgegangen wird. Wenn die "Chemie" nicht stimmt zwischen Therapeut oder Berater und Klient, kann der Behandlungserfolg beeinträchtigt werden. Zum Kennenlernen gibt es das Erstgespräch.

#3 "Ich bin bestimmt nicht krank genug, um eine Psychotherapie/Beratung zu beginnen."

Nur ca. 30% der Menschen mit einer psychischen Erkrankung suchen sich professionelle Hilfe. Sie müssen nicht bereits am Boden liegen, damit Sie sich Hilfe holen dürfen. Sobald Sie das Gefühl haben, dass Ihre Sorgen oder Probleme Ihren Alltag oder Ihr Wohlbefinden einschränken und Sie anhaltend belasten, ist es wichtig, ein Erstgespräch zu vereinbaren.

#4 "Wenn ich eine Therapie beginne, dann ist das ein Zeichen dafür, dass ich verrückt bin."

Wer eine Therapie beginnt, ist nicht verrückt. Er oder Sie beweist Mut und Stärke, sich Hilfe zu suchen und anzunehmen. Genauso wie sich jeder Mensch ein Bein brechen kann, so kann auch jeder seelisch belastet sein. Wer sich in der ambulanten und stationären Psychotherapie umblickt, wird Menschen wie Sie und mich sehen - aus allen sozialen Schichten, von jung bis alt.

#5 "Ein(e) Therapeut(in)/Berater(in) ist einfach nur ein bezahlter Freund."

Die (therapeutische / beraterische) Beziehung ist keine Freundschaft. Sie ist eine professionelle und vertrauliche Arbeitsbeziehung, die durch Grenzen geschützt wird. Eine gute PsychotherapeutIn/BeraterIn ist in der Lage eine empathische Beziehung aufzubauen und verfügt zeitgleich über ein tiefes Wissen und Erfahrungen in der Behandlung von seelischen Belastungen und Erkrankungen.

#6 "In einer Therapie/Beratung wird nur in meiner Vergangenheit herumgewühlt."

Das Verstehen der biografischen Vergangenheit ist wichtig, um Erlebtes zu verarbeiten oder aktuelle Verhaltens- und Erlebensweisen besser zu verstehen und einzuordnen. Die Gegenwart mit der aktuellen Symptomatik und sogar die Zukunft spielen jedoch ebenso eine große Rolle.

#7 "PsychotherapeutInnen/BeraterInnen wollen nur sich selbst therapieren."

Einige PsychotherapeutInnen/BeraterInnen wurden bestimmt durch eigene Therapie- und Beratungserfahrungen für ihren Beruf motiviert. Diese müssen der Berufsausübung jedoch nicht negativ entgegenstehen, sondern können sogar die Empathie für das Leid der KlientInnen steigern. In der Ausbildung ist zudem eine große Anzahl an Selbsterfahrungsstunden verpflichtend (in Österreich sind es für angehende Psychotherapeuten je nach Fachrichtung 150h und mehr), um eigene biografische Aspekte zu verstehen und zu integrieren.